Zweiter Sommer

Down Under

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Freitag, 4. März 2011
Supertramp
Die deutsche Sprache ist voller angeblicher Anglizismen. Das verblüffende ist, dass irgendwie keiner dieser Weltsprachen-Wörter tatsächlich aus der englischen Sprache kommt. Prominentestes Beispiel ist natürlich das Handy, das natürlich in echtem Englisch Cell-Phone heißt. Aber auch anderswo findet man falsche Eindeutschungen. Wer in einem englischsprachigen Land im Auto Fastfood bestellt, fährt durch einen „Drive thru“, nicht in einen „Drive In“. Cola „Light“ gibt’s hier genausowenig wie „Axe“. Nicht mal Ketchup wird hier Ketchup genannt. „Tomato Sauce“ ist hier das wesentlich häufiger benutzte Wort.
Und von einem unbekannten Auto mitgenommen wird, ist hier ein Hitchhiker, kein Tramper. Ein Tramp ist noch etwas ein bisschen anderes...
[Aber nach dieser genialen Teaser-Einleitung zurück zur eigentlichen Reise]
Ich bin also in Brisbane angekommen. Dem Atlantis des 21. Jahrhunderts. Nachdem diese Stadt so häufig in Desaster-Meldungen aufgetaucht ist, hatte ich mich natürlich darauf eingestellt, dass diese Stadt in erhöhter Alarmbereitschaft sein würde. Sie war es.
Das erste Vorurteil wurde sofort bestätigt. Als ich aus dem Flugzeug stieg, hat es – wie sollte es anders sein – geregnet. Der Flug war übrigens einerseits cool, so wegen Morgendämmerung über Brisbane und so, hatte aber auch zwei Nachteile. Erstens war es natürlich wieder viel zu kalt!!!!! (hatte ich hier eigentlich erwähnt, wie ich im Bus von Darwin nach Broome quasi-erfroren bin?!) Außerdem bin ich (um das Geld für eine Nacht im Hostel zu sparen, und weil es so eh am billigsten ist) nachts geflogen. Von irgendwann kurz nach Mitternacht bis 7 Uhr morgens. Moment? 7 Stunden für einen Flug durch Australien? Nein! Die Zeiten sind natürlich Ortszeit. Also doch nur knapp 5 Stunden. So ist auch mir dann irgendwann im Flugzeug aufgefallen, was davor nur leicht in meinem Hinterkopf schwelgte. Meine Nacht war kurz! Aber hey!! Es gibt schlimmeres. Zum Beispiel, wenn die nächste, geplant entspannendere Nacht im Hostel in Brisbane von drei Feueralarmen unterbrochen wird. Aber so ist das eben als Backpacker. Zumindest konnte ich bei den jeweiligen Evakuierungen sehen, dass (zumindest mein Hostel in) Brisbane keineswegs besonders gemieden wird. Sicher, die Stadt ist nicht ausgelastet wie Perth, aber so viele Backpacker scheinen doch nicht geflohen zu sein (das eigentliche Katastrophen-Gebiet ist ja in Wahrheit auch etwas weiter nördlich). Und in der anschließenden Nacht war's ja dann auch nur ein Feueralarm. Aber Brisbane. Wie ist Brisbane? Keine Ahnung. Die Stadt hinterlässt echt nichts! Man läuft so durch, und irgendwie ist es halt eine Stadt. Es gibt Hochhäuser, aber keine wirklich schöne Skyline. Es gibt eine Innenstadt, aber nichts, was irgendwie einzigartig wäre. Brisbane ist nicht hässlich. Schön aber auch gar nicht. Brisbane ist einfach unspektakulär. Uninteressant. Unwichtig.
Meine drei Mit-Roadtripper waren alle mehr als zwei Monate zum Arbeiten hier und hatten mich schon gewarnt. Aber selbst ihre Kenntnis der Highlights der Stadt komprimiert auf 3 Tage war hat das nicht wirklich gerettet. Ich bin durch die Innenstadt gelaufen. Ich hab mich an den Brisbane River gestellt, wo ein paar Wochen vorher die Reporter aus aller Welt standen. Ich war bei einem Aussichtspunkt etwas außerhalb. Ich war im botanischen Garten. Ich war bei Aldi (und habe mich auf dem Rückweg komplett verlaufen).
Dass Aldi von den Sachen das Aufregendste war, sagt schon einiges über diese Stadt.
Aldi. Der kleine Tagesausflug zurück in die Heimat, den man sich nach über 4 Monaten im Ausland wünscht. Plötzlich ist alles so, wie in Deutschland. Ein Gefühl, wie ich es nur einmal davor hatte, als ich bei GoogleStreetView durch meine Heimatstraße gelaufen bin (die aus irgendeinem Grund nicht mal ganz drin ist). Ein Großteil der Produkte kommt auch tatsächlich aus Deutschland. Es gibt Haribo. Es gibt Schogetten (oder wie diese Aldi-Schoko heißt). Es gibt Bier im Supermarkt (und nicht nur im Bottleshop nebendran). Und es ist alles so billig! In Australien gibt es sonst eigentlich 2 große Supermarkt-Ketten. Woolworth und Coles. Beide haben jede Woche Superangebote, die man als Backpacker jeden Donnerstag neu auswendig lernt. Immerhin spart man damit häufig 50% beim Kauf von Alltagsgegenständen und Nahrung. Bei Aldi ist es einfach trotzdem häufig billiger! Leider gibt es Aldis aber auch nur an der Ostküste... Aber genug der offenen Werbung. Ich hab jetzt wahrscheinlich schon mehr über Aldi geschrieben, als über Brisbane...
Am Samstag (19.2) bin ich dann runter nach Surfer's Paradise gefahren. Auch so ein typischer Ostküstenort. Der Ballermann Australiens. Nicht, dass ihr mich falsch versteht. Nichts gegen Party. Aber diese Art, wie hier quasi-gefeiert wird, ist doch mitunter sehr befremdlich. Wobei. Diesmal hat es mich nicht so angenervt, wie am Anfang meiner Reise (ich erinnere mich an die zwei Stunden Airlie Beach nach meiner McKay-Pleite... Katastrophe!). Surfer's Paradise ist einfach nochmal ne Spur drüber. Hier ist das einzige Hard Rock Café Australiens (ich verstehe Hard Rock Cafés übrigens nicht). Hier steht einfach mitten in der Stadt ein Riesenrad. Hier sind einfach rund um die Stadt mehrere Freizeitparks.
Und das tolle: Ich hatte Freikarten zu drei davon. Westcoast-Lukas hatte mir seinen „VIP Pass“ gegeben, den er sich während seiner Zeit in Brisbane gekauft hatte und mit dem man ein halbes Jahr unbegrenzt in diese drei Parks kommt. Und weil die Einlass-Kontrollen wohl nie den Namen überprüfen würden und er ihn eh nicht mehr braucht, hat er mir den Pass einfach gegeben. :)
Ich hab's aber nur in einen davon, ins Sea World geschafft. Ich hatte an dem Tag schon zu viel Zeit mit der Busfahrt und vor allem mit dem Outlet-Store von Surfer's Paradise verschwendet, in dem es unter anderem ein Abercrombie-und-Fitch-/Hollister-Outlet gibt, in dem die Preise nicht nur sowieso deutlich billiger sind, als in den anderen Läden dieser Marke, sondern der einfach mal so alle Produkte um 50% reduziert hatte. Und ich weiß nicht, wie A&F das schafft, aber das ist so ziemlich die einzige Marke, auf die ich echt abfahre [jetzt abgesehen von Aldi :P]. Und plötzlich war das alles bezahlbar. Wie ich mich da zurückhalten musste... Noch ein Pullover von denen passt einfach nicht in mein Backpack. Eine kurze Hose für umgerechnet 25€ musste aber sein!
Sea World war dann auch schön (einem geschenkten Gaul …), die 40$, die das normalerweise gekostet hätte, braucht aber kein Erwachsener investieren, der zufällig in der Nähe ist. Der Park ist doch mehr auf Kinder ausgerichtet. Und Delfine hatte ich drei Wochen vorher in Real Life gesehen.
Am nächsten Tag bin ich nochmal in Surfer's geblieben. Aber nur, um am Strand zu chillen. Dem Strand direkt neben Hochhäusern. Bis dahin hab ich die Stadt für nur so mittelkompatibel für mich gefunden. An dem Abend, zwei Stunden bevor mein Bus weiter gen Süden abfuhr, hat sie aber genau die Knöpfe gedrückt, die mich überzeugt haben. Ich bin vom Strand weg und wollte noch kurz durch die Stadt laufen (auch wenn's da eigentlich nicht so viel zu sehen gibt). Da sehe ich eine Leinwand und ganz viele Leute auf einem Platz auf diesen Sitzsäcken sitzen. Ich bleibe stehen. Und sehe: Das größte Kurzfilmfestival der Welt. Beziehungsweise eine Public-Viewing-Übertragung aus Sydney. Das heißt, ich hab mich dazugesetzt und mitgeguckt. Kurzfilme aus Australien. Gratis. Und dazu gab's auch noch kostenlos Eistee (eine bekannte Eisteemarke wollte da die neuen Green-Tea-Geschmacksrichtungen promoten). Von den 15 Kurzfilmen konnte ich zwar „nur“ 12 sehen, und ich hab natürlich auch keine Ahnung, wer gewonnen hat, aber der Abend hat echt Spaß gemacht! :D
Und wie gesagt, an dem Abend fuhr mein Bus. Meine Situation war nämlich die, dass ich noch einige Tage von meinem 10-Tages-Ticket (das ich mir für den Weg Darwin-Broome gekauft hatte, und mit dem ich an 10 Tagen meiner Wahl innerhalb von 2 Monaten so viel wie ich will mit dem Greyhound-Reisebus fahren kann) übrig hatte und möglichst kein Geld für Unterkunft zahlen wollte/konnte/will. Logische Schlussfolgerung: Ich fahre nachts. Folgerung daraus: Ich kann nicht direkt nach Byron Bay (einem Ort, den man sich angeblich unbedingt angucken muss und der nicht so weit von Brisbane und Surfer's Paradise an der Goldcoast entfernt ist), sonst wäre meine Nacht etwas zu kurz. Stattdessen bin ich runter nach Port Macquarie. Von dem Ort hatte ich auch schon was gehört und er lag gut 8 Schlafstunden im Bus entfernt. Das ganze hat tatsächlich auch super geklappt. Problem war nur, dass ich dann in Port Macquarie stand, am selben Abend wieder weiterfahren wollte, also nichts hatte, wo ich mein Gepäck hätte hintun können. Schließfächer gibt’s in Port Macquarie nicht. Also musste ich einige Stunden dafür benutzen, um durch verschiedene Läden zu laufen und die Arbeiter da zu fragen, ob sie für den Tag auf meinen Rucksack aufpassen könnten. Und beim hundertsten Versuch hat das auch tatsächlich geklappt! (Leichtsinnig, ich weiß! Nennen wir's mutig!).
Aber das hieß für mich auch, dass ich immer noch einen halben Tag in Port Macquarie hatte. Und Port Macquarie hat mir echt gefallen. Vor allem, dass der Ort mir einen Kindertraum erfüllt hat: Ich war in (oder besser: am) Rocky Beach!! :D Zwar ohne die drei Fragezeichen und auch nicht auf dem richtigen Kontinent, aber hey! Rocky Beach!
Als ich die Stadt am gleichen Abend wieder verlassen habe, lief zwar im Hintergrund nicht die ???-Hörspiel-Abschlussmusik, dafür endete mein Aufenthalt mit einem Justus-Jonas-klugen Einfall. Wenn ich wieder hochfahre – am nächsten Morgen wollte ich in Byron Bay sein – wird meine Nacht wieder viel zu kurz sein. Wieso fahre ich nicht einfach zwei, drei Stunden weiter südlich und danach direkt wieder nach Norden. Somit hätte ich wieder etwa 8 Stunden hintereinander im Bus, in denen ich schlafen kann. Gedacht, getan. Schnell über's Internet umgebucht und gen Süden nach Buladelah gefahren. Das klingt bisher schon nach Pennerstyle? Zum richtigen Landstreicher, Tramp, wurde ich erst an dem Abend. Ich warte in Buladelah auf den Bus. Er kommt. Und – fährt vorbei! Offenbar wusste der Busfahrer gar nicht, dass jemand in Buladelah einsteigen wollte, weil er die Passagierliste bei Fahrtbeginn kriegt und Fahrtbeginn war, bevor ich gebucht hatte...
Also war ich in Buladelah. Einer Ansiedlung, die jetzt nicht soooo zu den Touristenhöhepunkten zählt. Irgendwann kurz vor Mitternacht.
Und, was soll ich machen. Das Trucker-Hotel, dass es da gibt, hatte schon zu. Also hab ich mich an die Bushaltestelle gelegt, von der ich hätte abgeholt werden sollen, und hab geschlafen. Mit 2 paar Hosen und zwei Pullovern übereinander (Frühherbst in Australien ist nachts kalt!).
Supertramp eben. Gehört auch zum Backpackerurlaub!
Den nächsten Tag hab ich dann in der Tankstelle verbracht. Telefonisch konnte ich zum Glück noch den Bus für den nächsten Tag buchen. Ein spannender Tag in Buladelah! Ich hab die Zeit zwar versucht zu nutzen, um nochmal einen Wwoof-Platz zu finden, hab bei einigen Wein- und Kaffeefarmen angerufen, ob die noch nen Arbeiter für ungefähr ne Woche brauchen, aber gefunden hab ich nichts.
Also bin ich an dem Abend nach Byron Bay gefahren. Diesmal erfolgreich!
Und was mich in Byron Bay erwartet hat, schreibe ich dann morgen. Der Post ist schon wieder über 2 Seiten lang. Das geht so nicht!

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Bilder

Das passiert, wenn man beim Auftauchen "Can you take the photo" statt "Can you take the camera" sagt... Blick vom Castle Hill BBQ im Sydneyer Vorort. Wir haben das "echte" Sydney gefunden ;) Die Australische Flagge



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