Zweiter Sommer

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Mittwoch, 9. März 2011
Von Politik über Hippies zum Chinesen-Pancake
Das Internet verändert die Welt.
Nicht nur, dass ich hier Sachen über meine Australienreise reinschreiben kann.
Das Internet verändert auch die politische Welt. Was früher hinter verschlossenen Türen stattfand, findet immer noch hinter verschlossenen Türen statt. Dank der Website WikiLeaks dringt immer mehr davon in die Öffentlichkeit. Ein extrem spannendes Thema. Wie reagieren die Regierungen darauf? Was passiert mit dem Mann, der WikiLeaks repräsentiert? Julian Assange wird an die schwedischen Gerichte ausgeliefert, wegen angeblicher sexueller Nötigung. Aber egal, ob er schuldig ist, oder nicht, er scheint bereit, dass Spiel gegen die intransparente Politik zu spielen. Das ganze ist so interessant, dass Steven Spielberg mittlerweile sogar einen Film über Julian Assange drehen will.
Wo Assanges Wurzeln sind, konnte ich hier an der Ostküste Australiens herausfinden. Geboren wurde der WikiLeaks-Sprecher in Townsville. Aufgewachsen ist er nahe Byron Bay.
Am Mittwoch-Morgen (23.2) bin ich in Byron Bay angekommen, der östlichsten Stadt Australien. Ein kleines, ruhiges, entspanntes Dorf. Mit schönem Strand und einem netten Leuchturm.
Viele Backpacker, die man so trifft, schwärmen von Byron Bay. Sooo besonders scheint die Stadt aber gar nicht zu sein. Zumindest sieht es auf den ersten Blick so aus. Sicher, der Strand ist sehr schön. Aber schöne Strände gibt’s in Australien nun wirklich einige.
Die Besonderheit und das Highlight von Byron Bay ist auch gar nicht unbedingt in Byron Bay selbst zu finden. Dramaturgisch ist für dieses Blog offensichtlich, was jetzt kommt. Ich meine: Die Freiheit, die man bei einem Roadtrip hat, gefolgt von der völligen Freiheit, die man als jemand hat, der an Busstationen schläft sind ja quasi an sich schon hippieske Ideale. Logisch, dass als Höhepunkt dessen ein Besuch in der Hippie-Hochburg folgen muss: Nimbin.
Dazu muss man folgendes wissen: aus irgendwelchen Gründen war das Land um Byron Bay vor roundabout 50 Jahren ziemlich billig, so dass sich dort verschiedene alternative Gemeinschaften niederließen. Mit dem Mardi.Gras-Festival hat sich diese Kultur dort gefestigt. Nimbin ist ein kleines Dorf, eigentlich nur eine Straße, aber so dermaßen Love&Peace, dass es für Backpacker ein Pflichtziel ist. Auf der Bustour in dieses Hippie-Dorf hab ich 3 Kanadierinnen kennengelernt, so dass ich mit ihnen durch die Straße gelaufen bin. Eine bunte Straße, auf der man alle paar Meter angesprochen wird, ob man nicht „Cookies“ kaufen möchte. Ein Dorf, das sich als Hauptziel die Legalisierung von Kannabis gesetzt hat. Ein Dorf, mit dem geilsten (sie nennen es) „Museum“, dass es gibt. Und vor allem: Ein Dorf, mit den gruseligsten Kleiderläden – außer natürlich man steht auf gebatikte Kopfbänder und Umhänge... Glücklicherweise trägt Julian Assange diese Kleidung nicht, obwohl er nur etwa 15 Busminuten entfernt zur Schule gegangen ist...
45 Busminuten weiter ist man dann wieder in Byron Bay. Und nach noch weitere 8 Busstunden entfernt ist Sydney. (Was eine blöde Überleitung …). Dort wollte ich den Samstag, und vor allem den Samstagabend verbringen. Man will der bekanntesten Stadt Australiens ja auch nochmal eine Chance geben... Gefallen hat mir Sydney aber immer noch nicht. Natürlich lag das auch an einem groben Fehler meinerseits. Einfach mal für einen Samstag nach Sydney fahren ist nicht drin. Sydney war voll!! Den Tag hab ich mehr oder weniger nur damit verbracht, mit Rucksack durch die Straßen zu laufen und ein Hostel zu finden, das noch irgendein Bett frei hat! Aber so krass war die Sache tatsächlich noch nie! In Perth war auch nichts mehr frei. Aber nach ein paar Telefongesprächen haben wir doch noch ein Hostel mit sogar 4 freien Betten gefunden. Und in Sydney gab's eigentlich so viele Hostels, dass ich mir sicher war, noch irgendwas zu finden. Naja. Irgendwann hab ich dann auch noch irgendwas gefunden. Für übermäßig viel Geld und ohne irgendeine besondere Leistung, die das gerechtfertigt hätte. Aber immerhin! Ich konnte irgendwo schlafen und meinen Rucksack ablegen!
Gelohnt hatte sich das ganze übrigens überhaupt nicht. Die Nacht war ziemlich tot. Ich hab weder im Hostel noch sonstwo jemanden kennengelernt, mit dem man ich groß feierngehen wollte – ich war müde und nicht wirklich bereit, irgendwo Eintritt zu zahlen. Schlechte Voraussetzungen.
Sydney hat mich auch einfach wieder angenervt. Diesmal war's vielleicht eher meine Schuld, aber trotzdem: Sydney ist für mich die meist überbewertete Stadt!
Am nächsten Morgen habe ich mich also beeilt, da rauszukommen. Geklappt hat das leider auch nicht, weil ich den 8-Uhr-Bus nach Canberra verpasst habe und deswegen bis halb eins warten musste. Das Problem daran war, dass ich erst um kurz vor fünf in Canberra angekommen bin und ich eh nur einen Tag in der Hauptstadt verbringen wollte (und um fünf war alles zu). Das Gute war aber, dass ich, als ich im Hostel auf den Bus gewartet habe, Michael wiedergetroffen habe. Und ich weiß gar nicht, ob ich damals überhaupt seinen Namen hier reingeschrieben hatte, aber Michael war der andere Deutsche, der in Mission Beach auf der Wwoofing-Farm gearbeitet hatte. Und sowas ist echt spannend, weil, man trifft zwar ständig Leute und hört von denen, was sie so in Australien gemacht haben, aber von jemandem zu hören, was er so, seitdem man sich vor 4 Monaten gesehen hat, erlebt hat, ist nochmal was anderes. Er ist wohl die komplette Zeit mit einem Auto, dass er sich direkt nach Mission Beach gekauft hat, die Ostküste entlang gefahren.
Am Mittag bin ich dann in einem Greyhound-Bus, den ich das erste Mal komplett voll erlebt habe, nach Canberra gefahren. In der Hauptstadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts einfach zwischen Sydney und Melbourne konstruiert wurde, um die Städterivalität zu lösen. Eigentlich hatte ich vor, mir das Museum anzugucken, aber das hatte schon zu. Also bin ich nur durch die Straßen gelaufen (diesmal hab ich Schließfächer gefunden :D). Spannend ist Canberra nicht, aber schlecht hat mir die Hauptstadt auch nicht gefallen. Sie hat halt überhaupt keine Coolness, kein bisschen Glamour oder sonst was. Es ist eine Planstadt, deren Straßen quasi-kreisförmig um einen kleinen Hügel konstruiert sind. Als Besonderheiten auf den Straßen, gibt es ein paar Statuen und Lichterketten in den Bäumen. Ansonsten ist alles ziemlich kahl. Attraktionen sind Museen und die Regierungsgebäude. Ein Nachtleben gibt es hier nicht.
Eine Stadt, die man sich deswegen anguckt, weil sie Hauptstadt ist. Und wer ein halbes Jahr durch ein Land reist muss auch mal in der Hauptstadt gewesen sein. Sieben Stunden haben mir aber gereicht.
Um Mitternacht ging es für mich weiter. Die letzte Fahrt, die ich mit meinem Zehn-Tages-Ticket bezahlen konnte (ich will gar nicht wissen, wie viel meine Reise mit Einzeltickets gekostet hätte).
Und mit Abstand auch die unbequemste Fahrt. Die Fahrten nach Darwin und von Darwin nach Broome waren so leer, dass ich nicht nur einen freien Platz neben mir, sondern meistens auch hinter und vor mir hatte, so dass ich mich ausbreiten und zurücklehnen konnte, soviel ich wollte. An der Ostküste war's dann schon etwas voller, aber ich konnte mich immer noch über zwei Plätze legen, um zu schlafen. Die Fahrt von Canberra nach Melbourne war dagegen bis auf den letzten Platz verkauft, so dass ich neben einem stark übergewichtigen Mann sitzen, und versuchen musste, so eingequetscht irgendwie zu schlafen.
Aber mit schlafen hatte ich in ganz Australien nie echte Probleme (ich schlaf einfach, egal ob jemand schnarcht, der Boden beim Zelten hart und uneben ist oder die Temperatur nicht wirklich passt). Also hat das auch hier irgendwie geklappt.
Und um acht Uhr morgens war ich in Melbourne. Und damit bin ich das erste Mal seit knapp zwei Monaten mit diesem Blog wieder da, wo ich auch in Realität bin. Seit dem 28. Februar bin ich hier. Morgen verlasse ich die Stadt.
Und auf Melbourne war ich auch tatsächlich sehr gespannt. Schon in meiner ersten Woche in Australien, als ich festgestellt hatte, dass mir Sydney nicht gefällt, habe ich in Melbourne meine Hoffnungen gelegt. Während meiner Reise habe ich dann auch extrem viele Menschen gefragt, ob sie Sydney oder Melbourne besser fänden. Relativ viele mochten Melbourne mehr.
Für mich ist es ganz klar: Sydney ist doof! Melbourne ist toll!
Okay, hier gibt es nicht die eine Sache, die jeder kennt. Hier gibt es kein übermäßig bekanntes Opernhaus und keine Harbour-Bridge. Dafür ist die Stadt schön. Es gibt nicht nur Bänker und Asiaten, sondern extrem viele Studenten in der Innenstadt. Die Stadt wirkt einfach viel freundlicher. Hier gibt es viele Plätze, wo man chillen kann und nicht nur gestresste Menschen. Hier gibt es Bäume in den Straßen. Fußgängerzonen.
Und was macht man in zehn Tagen Melbourne? Eingeleitet hab ich meinen Aufenthalt hier mit einer Public-Viewing-Liveübertragung der Oscars (Montagnachmittags). So überragend hatte mir The King's Speech zwar nicht gefallen (Colin Firth hat seinen Oscar schon verdient, aber bester Film und beste Regie??). Ansonsten war ich im Moving-Image-Museum (einem Film- und Computerspiele-Museum, in dem man unter anderem die Computerspiel-Entwicklung der letzten 30 Jahren selbst durchspielen kann). War im Melbourne-Museum (nicht wirklich spannend, aber in Kooperation mit dem IMAX-Cinema der Stadt, so dass ich relativ günstig einen Film auf der drittgrößten Kinoleinwand der Welt sehen konnte). Diese Superlative-Verliebtheit in meinem Blog kommt übrigens nicht von mir. Mit sowas wird hier echt gerne geworben (meine Patentante hatte mir das auch schon von Neuseeland erzählt). So bin ich an einem anderen Tag auch mit dem schnellsten Aufzug der südlichen Hemisphäre auf die höchste Besucherplattform der südlichen Hemisphäre gefahren und hab mir Melbourne von oben angeguckt. Das war am Samstag. Für dieses Hochhaus hatte ich mir ein „Sun&Stars“-Ticket gekauft, mit dem man an einem Tag zwei Mal auf die Plattform fahren konnte, um Melbourne bei Tag und bei Nacht zu sehen. Plan war also, mit zwei anderen Deutschen und einer Engländerin, die ich im Hostel kennen gelernt hatte, den Turm abends hochzufahren und danach feiern zu gehen. Aber auch das hat mal wieder überhaupt nicht geklappt, weil das Skydeck um 10 Uhr abends zugemacht hat, wir um zwanzig vor 10 hoch wollten, aber nicht mehr konnten (letzter Eintritt: 9.30 pm). Das Ergebnis dessen war, dass wir um Viertel nach 10 in einem Club (angeblich dem größten Melbournes) die ersten Gäste waren! Aber im Verlauf der Nacht wurde es dann doch noch voll, so dass die Erfahrung, fast alleine in einem Club rumzustehen, doch noch zu einer guten Nacht geführt hatte.
Ansonsten war ich noch am St. Kilda Beach, dem Stadtstrand von Melbourne, der aber viel zu voll und längst nicht so schön wie die Strände von Sydney und Perth war. Ich war (mehrfach) auf dem Queen-Victoria-Market, wo ich aber darauf verzichtet habe, deutsche Brötchen, echtes Brot und Bratwurst zu kaufen. German Bratwurst hatte ich mir aber tatsächlich schon mal gekauft (und dann beim Blogschreiben vergessen). In Brisbane. Warum dort Sauerkraut in das Bratwurstbrötchen gepackt wurde, hab ich aber immer noch nicht verstanden. Ich war im botanischen Garten, bin am Fluss entlang zu den Stadien gelaufen (das Cricketstadion ist natürlich das größte, aber auch die Tennisplätze des Australian Open hab ich gesehen). Ich hab auch mal kurz in die Uni reingeguckt und habe mir dort bei einem „Free Barbecue“ eine Bratwurst schenken lassen (diese Free Barbecues gibt es an der Ostküste irgendwie häufiger). Ich habe die Autovermietung mehrfach angerufen (eigentlich schon seit Byron Bay regelmäßig) und habe so statt nach zehn, nach über zwanzig Tagen endlich die Kaution für unser Westcoast-Auto erhalten.
Ich habe außerdem bemerkt, dass ich in Australien noch nie einen echten Burger und noch nie echte Pancakes gegessen habe (Sakrileg!) und mir daher sofort mal einen Burger geleistet – und das war in der Tat der beste Burger meines bisherigen Lebens!
Heute morgen wollte ich dann ein Pancake-Frühstück genießen, habe bei Google nach einem guten und billigen Pancake-Haus gesucht, bin über diese Bewertungen im Internet auf das „Pancake Dessert House“ gekommen und da hingelaufen. Irgendwann hab ich mich dann gewundert, warum mich die Straßenkarte nach Chinatown führt. Aber so hab ich letztlich als einziger Nicht-Asiate in einem Chinarestaurant gesessen und einen Pancake bestellt, der sich dann eher als durchaus leckerer Crêpe herausgestellt hat.
Ansonsten war ich in der Public Library, die hier echt genial ist. Free Internet und kostenlos benutzbare Computer gibt’s in den Bibliotheken von jeder australischen Stadt, aber hier gibt es auch noch einen „Experimentierraum“, auf dem man kostenlos Macs benutzen und Wii/X-Box spielen kann.
Außerdem ist in Melbourne zur Zeit das „Food & Wine“-Festival. Das heißt, dass überall in der Stadt kleine Stände mit Essen sind. Und, dass abends auf dem Platz, auf dem ich schon die Oscar-Verleihung gesehen hatte, Filme gezeigt werden, die irgendwas mit Essen zu tun haben (Ratatouille, irgendein japanisches Drama [wie bescheuert sehen bitte Abspänne von Japanischen Filmen aus], das Julie/Julia-Projekt). Kostenlos und mit kostenlosem Popcorn.
Als Transport in der Stadt dienen mir übrigens public Fahrräder. Das sind Fahrräder, die an Stationen, die es überall in der Stadt gibt, stehen, und mit denen man für 8$ pro Woche 30-Minuten-Trips, von einer Fahrradstation zur nächsten machen kann.
Und ansonsten hab ich meine Zeit in Melbourne nach einer Möglichkeit gesucht, den nächsten und letzten Schritt meiner Australienreise zu gehen: Über die Great Ocean Road nach Adelaide.
Gestern bin ich fündig geworden. Ich kann ab morgen mit 2 Franzosen und einer Belgierin mitfahren (damit hatte ich echt Glück gehabt – es suchen hier echt viele Leute nach genau diesem Trip). Die drei haben vor sich dafür Zeit lassen. Meine letzte Woche in Australien werde ich also wieder auf der Straße verbringen.
Der zweite Roadtrip wird beginnen. Morgen.

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Bilder

Das passiert, wenn man beim Auftauchen "Can you take the photo" statt "Can you take the camera" sagt... Blick vom Castle Hill BBQ im Sydneyer Vorort. Wir haben das "echte" Sydney gefunden ;) Die Australische Flagge



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